BIN unterwegs in Portugal und Spanien

Abschied vom Küstenweg von 24.9.-3.10.2024

Noch einmal zieht es mich auf den Portugiesischen Jakobsweg. Zwanzig Jahre bin ich insgesamt gepilgert, davon neun Jahre in Etappen von zu Hause bis nach Santiago de Compostela. In den folgenden Jahren riefen mich ganz verschiedene Jakobswege und wollten entdeckt werden. Wegen Knieproblemen habe ich mir nun einen Abschnitt an der Küste gesucht, wo ich kurze Strecken gehen möchte.

Vom Flughafen Porto aus fährt ein Bus nach Viana do Castelo und ein Bummelzug weiter nach Vila Praia de Âncora. Am frühen Nachmittag verziehen sich dort die Wolken, deren Wasser auf der Fahrt hierher die Landschaft gründlich gewaschen haben. Durch die großen Scheiben des Strandcafés zeigt sich der Wind noch bei der Arbeit. Das Meer hat den sehr breiten flachen Strand freigegeben, wie versteinerte Tiere ruhen dunkle Felsen darauf. Grüne nass glänzende Algen setzen die Farbakzente. BIN endlich wieder am Meer, wir führen gute Gespräche bei meinem langen Spaziergang. Nachts klopft der Regen ans Fenster.
Morgens reihe ich mich in die kleinen Pilgergrüppchen ein, die dem breiten Strandweg nach Norden folgen. Der Wind zaust an den Ponchos und vertreibt den Regen. Letzte bunte Blüten spitzen zwischen den Steinen heraus, die Wegzeichen sind gut erkennbar. Bald ist Moledo erreicht, mein letzter Stopp in Portugal. Frühstück gibt es für mich in der Bar Paredo, wo ich schon vor drei Jahren war. Ein Sandweg führt von dort durch lichte Kiefernwälder, fast keine Leute, nur Meeresrauschen und Vogelgezwitscher. Bald öffnen sich die Bäume zur Mündungsbucht des Rio Minho. Mit weiteren Mitpilgern in einem Taxi-Boot überquere ich diesmal den Grenzfluss. Der gut in Regenzeug verpackte Fährmann hilft uns an Bord, stülpt jedem eine straffe Schwimmweste über den Kopf und steuert auf das andere Ufer zu, das sich nur langsam im Dunst zeigt. Kurz ist der Kampf mit der Schwimmweste beim Ausziehen, tief der Abstieg auf den Sand. Brille putzen. Schon BIN ich in Spanien gelandet. Köstlich lassen wir uns in A Guarda mit einem späten Mittagessen versorgen.
Blau ist der Himmel und wild das Meer am nächsten Morgen, als ich mit den zwei Amerikanerinnen von gestern aufbreche. Gewaltig schlagen die Wellen auf die Granitfelsen, auf das Land. „Hier geht’s nicht weiter!“ höre ich Meeresworte in meinem Kopf. Wie gehe ich um mit Hindernissen in meinem Leben? Erst mal Wut und dann Überlegen? Konzentriert laufe ich auf dem felsigen Pfad, steige etwas höher und folge der Straße. Ganz in mir versunken und doch aufmerksam lasse ich mich von den Zeichen leiten. 
Ein Bus bringt mich nach Baiona. Erinnerungen tauchen auf an eine Reise mit meinen Eltern vor Jahrzehnten. Der alte Herrensitz auf der Halbinsel, jetzt ein Parador (Hotel) mit Café, war damals das Ziel, die zinnenbewehrte Mauer bietet einen grandiosen Ausblick. Auch in die alte Kirche Santa Maria schaue ich noch rein bevor ich müde aufs Bett sinke.
Ein Bus bringt mich über Vigo ans Ende der Welt, nach Finisterre. Welche Freude, noch einmal an der Praia Langosteira entlang zu spazieren und mir am Kap Finisterre den Wind um die Ohren brausen zu lassen. Und einen Wander- und Spanisch-Freund aus der Heimat zu treffen, der gerade den Camino dos Faros gegangen ist. Auf den Felsen der alten Eremitage San Guillermo wärmt mich die Sonne. Kann gar nicht glauben, dass ich vor vielen Jahren zu Fuß bis hierher gelangt bin. Das Pilgern hat mein Leben verändert.
Auch Santiago de Compostela ist mit vielen Erinnerungen verbunden. Lange sitze ich in der Kathedrale und freue mich, dass sogar der Botafumeiro, der große Weihrauchkessel geschwenkt wird. 
Buen camino de la vida para todos! Einen guten Lebensweg euch allen!
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